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'''Marie Luise Gruhne''', geb. ''Keller'', (*1962 in Frankfurt am Main) ist eine zeitgenössische deutsche Künstlerin.
 
'''Marie Luise Gruhne''', geb. ''Keller'', (*1962 in Frankfurt am Main) ist eine zeitgenössische deutsche Künstlerin.
 
==Biografie==
 
==Biografie==
Nach Abschluss des Studiums der Malerei bei Prof. Robert Preyer<sup>[1]</sup> an der FH Wiesbaden setzte die Künstlerin ihr Studium im Bereich der Kunst und Kunstgeschichte an der Johannes-Gutenberg-Universität, Mainz, fort. In diese Zeit fielen längere Auslandsaufenthalte. Gefördert durch mehrere Stipendien, nahm sie nach dem Hauptstudium ein Promotionsstudium auf. Nach ihrem Studium arbeitete Marie Luise Gruhne als Künstlerin und Designerin. Sie lebt und arbeitet heute als Künstlerin in Wiesbaden.
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Nach Abschluss des Studiums der Malerei bei Prof. Robert Preyer an der FH Wiesbaden setzte die Künstlerin ihr Studium im Bereich der Kunst und Kunstgeschichte an der Johannes-Gutenberg-Universität, Mainz, fort. In diese Zeit fielen längere Auslandsaufenthalte. Gefördert durch mehrere Stipendien, nahm sie nach dem Hauptstudium ein Promotionsstudium auf. Nach ihrem Studium arbeitete Marie Luise Gruhne als Künstlerin und Designerin. Sie lebt und arbeitet heute als Künstlerin in Wiesbaden.
   
 
==Werke==
 
==Werke==
In ihren frühen Arbeiten ist der Ansatz der Künstlerin von dialogischen Prozessen zwischen bewussten und unbewussten Aktionen bestimmt. Zufallsoperationen, aber auch ihre Auseinandersetzung mit den Schriften Karlfried Graf Dürckheims <sup>[2]</sup>, wie den Texten des ''I Ging''<sup>[3]</sup> (ca. 3000 v. Chr.) sind für ihren Ansatz richtungsgebend.
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In ihren frühen Arbeiten ist der Ansatz der Künstlerin von dialogischen Prozessen zwischen bewussten und unbewussten Aktionen bestimmt. Zufallsoperationen, aber auch ihre Auseinandersetzung mit den Schriften Karlfried Graf Dürckheims<sup>]</sup>, wie den Texten des ''I Ging'' (ca. 3000 v. Chr.) sind für ihren Ansatz richtungsgebend.
   
In den skulpturhaften neueren Objekten Gruhnes deuten sich architektonische Strukturen an. Die Künstlerin versteht ihre Wirkung jedoch nicht motivisch oder als eine figurative Umgebung. In ihrem Verständnis sind diese Formen dreidimensionaler Ausdruck eines geistigen Impulses: Formen, wie die Struktur eines Tores, Tempels oder Turms – so wie sie sich metaphorisch in ihren Arbeiten andeuten –, existieren in den unterschiedlichsten Kulturarealen als Strukturen/Urformen und bringen dort übergreifend ähnliche menschliche Assoziationen hervor. Es sind Kraftformen, stabilisierend und haltgebend. Sie erinnern an etwas, das „dahinter“ liegt – konstant. Sie erinnern an das Sein, an Naturgesetzlichkeiten, an Grundlagen unseres Seins. Die Aussage ist urbildhaft, archetypisch<sup>[4]</sup>. Dem von ihnen ausgehenden geistigen Impuls entnimmt Gruhne für ihre Werke das Erinnern dieser Grundlagen, das Erinnern an uns selbst wie unserer existentiellen Voraussetzungen. Bei den Betrachtern kann so eine Resonanz entstehen, die sie innehalten oder auch anhalten lässt. ''Ein Bild lebt in Gemeinschaft, indem es sich in den Augen des Betrachters entfaltet und dadurch in ihm auflebt''″. (Mark Rothko, 1947)<sup>[5]</sup>
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In den skulpturhaften neueren Objekten Gruhnes deuten sich architektonische Strukturen an. Die Künstlerin versteht ihre Wirkung jedoch nicht motivisch oder als eine figurative Umgebung. In ihrem Verständnis sind diese Formen dreidimensionaler Ausdruck eines geistigen Impulses: Formen, wie die Struktur eines Tores, Tempels oder Turms – so wie sie sich metaphorisch in ihren Arbeiten andeuten –, existieren in den unterschiedlichsten Kulturarealen als Strukturen/Urformen und bringen dort übergreifend ähnliche menschliche Assoziationen hervor. Es sind Kraftformen, stabilisierend und haltgebend. Sie erinnern an etwas, das „dahinter“ liegt – konstant. Sie erinnern an das Sein, an Naturgesetzlichkeiten, an Grundlagen unseres Seins. Die Aussage ist urbildhaft, archetypisch<sup>[4]</sup>. Dem von ihnen ausgehenden geistigen Impuls entnimmt Gruhne für ihre Werke das Erinnern dieser Grundlagen, das Erinnern an uns selbst wie unserer existentiellen Voraussetzungen. Bei den Betrachtern kann so eine Resonanz entstehen, die sie innehalten oder auch anhalten lässt. ''Ein Bild lebt in Gemeinschaft, indem es sich in den Augen des Betrachters entfaltet und dadurch in ihm auflebt''″. (Mark Rothko, 1947)<sup>]</sup>
   
In Zeiten des Strebens nach Suboptimierung, in denen alles effizient und schnell sein muss, in Zeiten des schnellen Wandels, die als krisenhaft gelten, in denen demokratische Werte ins Schwanken geraten, setzt die Künstlerin mit ihren Werken diesen Entwicklungen die Botschaft von Konstanz und den Vorschlag einer „Verlangsamung“ entgegen. Hier liegt der sozio-politische Ansatz in Gruhnes Arbeiten. ''„Demokratie widerspricht strukturell … diesen (aktuellen) Erwartungen, denn sie ist Ergebnis einer geduldigen kommunikativen Wahrheitssuche, eines Diskurses. Demokratie ist langsam, ist Trägheit, konstruktiver Streit, das immer wieder neu Ausloten. Nur durch diese Prozesse ist es möglich, sich postfaktischen Ideologien zu entziehen.“'', mit dieser Anknüpfung begleitet sie ihren künstlerischen Ansatz einer „Verlangsamung“ im aktuellen Katalog. <sup>[6]</sup>
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In Zeiten des Strebens nach Suboptimierung, in denen alles effizient und schnell sein muss, in Zeiten des schnellen Wandels, die als krisenhaft gelten, in denen demokratische Werte ins Schwanken geraten, setzt die Künstlerin mit ihren Werken diesen Entwicklungen die Botschaft von Konstanz und den Vorschlag einer „Verlangsamung“ entgegen. Hier liegt der sozio-politische Ansatz in Gruhnes Arbeiten. ''„Demokratie widerspricht strukturell … diesen (aktuellen) Erwartungen, denn sie ist Ergebnis einer geduldigen kommunikativen Wahrheitssuche, eines Diskurses. Demokratie ist langsam, ist Trägheit, konstruktiver Streit, das immer wieder neu Ausloten. Nur durch diese Prozesse ist es möglich, sich postfaktischen Ideologien zu entziehen.“'', mit dieser Anknüpfung begleitet sie ihren künstlerischen Ansatz einer „Verlangsamung“ im aktuellen Katalog. 
   
Das Erinnern, was unter jenen vom Menschen gemachten Parallelgesetzen, Kategorisierungen und Erwartungen liegt – damit auch von Grenzen, die uns durch Naturgesetzlichkeiten gegeben sind, wecken ihre Arbeiten in unterschiedlichster Weise. Gruhne entwickelt Spielräume für die emotionale Erfahrung solcher Erinnerungen. Erlebbar wird dies durch ihre epischen Werke, wie beispielsweise dem „Ikarus“, der die Gesetze der Natur in seinem Streben mit sich nimmt und so sein Scheitern verhindert.<sup>[7]</sup> Oder in „good news“, einem Objekt, das dialogisch interagiert zwischen einer Kollage aus zersetzenden „Fake News“ und der ihm eigenen skulpturhaft stabilisierenden Gestalt. Auf einer zweiten Schiene manifestieren sich diese „Erinnerungen“ prozessual in den Werken selbst. Dann, wenn die Künstlerin im Dialog mit der Materie, dieser die Führung überlässt – als essentiellem Ausdruck einer Substanz. Dabei reduziert sie durch Zufallsoperationen ihre Intentionen/Erwartungen, dort, wo sie den Ausdruck der Materie verdecken.
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Das Erinnern, was unter jenen vom Menschen gemachten Parallelgesetzen, Kategorisierungen und Erwartungen liegt – damit auch von Grenzen, die uns durch Naturgesetzlichkeiten gegeben sind, wecken ihre Arbeiten in unterschiedlichster Weise. Gruhne entwickelt Spielräume für die emotionale Erfahrung solcher Erinnerungen. Erlebbar wird dies durch ihre epischen Werke, wie beispielsweise dem „Ikarus“, der die Gesetze der Natur in seinem Streben mit sich nimmt und so sein Scheitern verhindert. Oder in „good news“, einem Objekt, das dialogisch interagiert zwischen einer Kollage aus zersetzenden „Fake News“ und der ihm eigenen skulpturhaft stabilisierenden Gestalt. Auf einer zweiten Schiene manifestieren sich diese „Erinnerungen“ prozessual in den Werken selbst. Dann, wenn die Künstlerin im Dialog mit der Materie, dieser die Führung überlässt – als essentiellem Ausdruck einer Substanz. Dabei reduziert sie durch Zufallsoperationen ihre Intentionen/Erwartungen, dort, wo sie den Ausdruck der Materie verdecken.
   
 
Gruhne schrieb als Künstlerin, Kunsthistorikerin und Designerin eine Anzahl von Texten. In ihrem Aufsatz "Beobachtungen zur "Madonna dei Raccomandati" Lippo Memmis im Dom von Orvieto" arbeitet sie das Wesentliche in den Werken sienesischer Maler des Trecento heraus und weist hierdurch auf Werkstattzusammenhänge hin. Ihr Forschungsansatz wird auch hier durch eine Suche nach dem Wesenhaften, Essentiellen bestimmt.
 
Gruhne schrieb als Künstlerin, Kunsthistorikerin und Designerin eine Anzahl von Texten. In ihrem Aufsatz "Beobachtungen zur "Madonna dei Raccomandati" Lippo Memmis im Dom von Orvieto" arbeitet sie das Wesentliche in den Werken sienesischer Maler des Trecento heraus und weist hierdurch auf Werkstattzusammenhänge hin. Ihr Forschungsansatz wird auch hier durch eine Suche nach dem Wesenhaften, Essentiellen bestimmt.
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*Galerie Hant (Hrsg.): ''Michael Post Wandobjekte''. Frankfurt 1991 (Texte: Marie Luise Keller, Hans Zitko)
 
*Galerie Hant (Hrsg.): ''Michael Post Wandobjekte''. Frankfurt 1991 (Texte: Marie Luise Keller, Hans Zitko)
 
*Pade (Hrsg.): ''Pade Garne''. Kataloge 57-68, Neu Isenburg/Zeppelinheim 1999 - 2006 (Texte und Design: Marie Luise Gruhne)
 
*Pade (Hrsg.): ''Pade Garne''. Kataloge 57-68, Neu Isenburg/Zeppelinheim 1999 - 2006 (Texte und Design: Marie Luise Gruhne)
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*Marie Luise Gruhne, 2014 - 2019, Werke und Inszenierungen, Wiesbaden 2019
   
 
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Version vom 3. Januar 2020, 21:09 Uhr

Marie Luise Gruhne, geb. Keller, (*1962 in Frankfurt am Main) ist eine zeitgenössische deutsche Künstlerin.

Biografie

Nach Abschluss des Studiums der Malerei bei Prof. Robert Preyer an der FH Wiesbaden setzte die Künstlerin ihr Studium im Bereich der Kunst und Kunstgeschichte an der Johannes-Gutenberg-Universität, Mainz, fort. In diese Zeit fielen längere Auslandsaufenthalte. Gefördert durch mehrere Stipendien, nahm sie nach dem Hauptstudium ein Promotionsstudium auf. Nach ihrem Studium arbeitete Marie Luise Gruhne als Künstlerin und Designerin. Sie lebt und arbeitet heute als Künstlerin in Wiesbaden.

Werke

In ihren frühen Arbeiten ist der Ansatz der Künstlerin von dialogischen Prozessen zwischen bewussten und unbewussten Aktionen bestimmt. Zufallsoperationen, aber auch ihre Auseinandersetzung mit den Schriften Karlfried Graf Dürckheims], wie den Texten des I Ging (ca. 3000 v. Chr.) sind für ihren Ansatz richtungsgebend.

In den skulpturhaften neueren Objekten Gruhnes deuten sich architektonische Strukturen an. Die Künstlerin versteht ihre Wirkung jedoch nicht motivisch oder als eine figurative Umgebung. In ihrem Verständnis sind diese Formen dreidimensionaler Ausdruck eines geistigen Impulses: Formen, wie die Struktur eines Tores, Tempels oder Turms – so wie sie sich metaphorisch in ihren Arbeiten andeuten –, existieren in den unterschiedlichsten Kulturarealen als Strukturen/Urformen und bringen dort übergreifend ähnliche menschliche Assoziationen hervor. Es sind Kraftformen, stabilisierend und haltgebend. Sie erinnern an etwas, das „dahinter“ liegt – konstant. Sie erinnern an das Sein, an Naturgesetzlichkeiten, an Grundlagen unseres Seins. Die Aussage ist urbildhaft, archetypisch[4]. Dem von ihnen ausgehenden geistigen Impuls entnimmt Gruhne für ihre Werke das Erinnern dieser Grundlagen, das Erinnern an uns selbst wie unserer existentiellen Voraussetzungen. Bei den Betrachtern kann so eine Resonanz entstehen, die sie innehalten oder auch anhalten lässt. Ein Bild lebt in Gemeinschaft, indem es sich in den Augen des Betrachters entfaltet und dadurch in ihm auflebt″. (Mark Rothko, 1947)]

In Zeiten des Strebens nach Suboptimierung, in denen alles effizient und schnell sein muss, in Zeiten des schnellen Wandels, die als krisenhaft gelten, in denen demokratische Werte ins Schwanken geraten, setzt die Künstlerin mit ihren Werken diesen Entwicklungen die Botschaft von Konstanz und den Vorschlag einer „Verlangsamung“ entgegen. Hier liegt der sozio-politische Ansatz in Gruhnes Arbeiten. „Demokratie widerspricht strukturell … diesen (aktuellen) Erwartungen, denn sie ist Ergebnis einer geduldigen kommunikativen Wahrheitssuche, eines Diskurses. Demokratie ist langsam, ist Trägheit, konstruktiver Streit, das immer wieder neu Ausloten. Nur durch diese Prozesse ist es möglich, sich postfaktischen Ideologien zu entziehen.“, mit dieser Anknüpfung begleitet sie ihren künstlerischen Ansatz einer „Verlangsamung“ im aktuellen Katalog. 

Das Erinnern, was unter jenen vom Menschen gemachten Parallelgesetzen, Kategorisierungen und Erwartungen liegt – damit auch von Grenzen, die uns durch Naturgesetzlichkeiten gegeben sind, wecken ihre Arbeiten in unterschiedlichster Weise. Gruhne entwickelt Spielräume für die emotionale Erfahrung solcher Erinnerungen. Erlebbar wird dies durch ihre epischen Werke, wie beispielsweise dem „Ikarus“, der die Gesetze der Natur in seinem Streben mit sich nimmt und so sein Scheitern verhindert. Oder in „good news“, einem Objekt, das dialogisch interagiert zwischen einer Kollage aus zersetzenden „Fake News“ und der ihm eigenen skulpturhaft stabilisierenden Gestalt. Auf einer zweiten Schiene manifestieren sich diese „Erinnerungen“ prozessual in den Werken selbst. Dann, wenn die Künstlerin im Dialog mit der Materie, dieser die Führung überlässt – als essentiellem Ausdruck einer Substanz. Dabei reduziert sie durch Zufallsoperationen ihre Intentionen/Erwartungen, dort, wo sie den Ausdruck der Materie verdecken.

Gruhne schrieb als Künstlerin, Kunsthistorikerin und Designerin eine Anzahl von Texten. In ihrem Aufsatz "Beobachtungen zur "Madonna dei Raccomandati" Lippo Memmis im Dom von Orvieto" arbeitet sie das Wesentliche in den Werken sienesischer Maler des Trecento heraus und weist hierdurch auf Werkstattzusammenhänge hin. Ihr Forschungsansatz wird auch hier durch eine Suche nach dem Wesenhaften, Essentiellen bestimmt.

Veröffentlichungen

  • Marie-Luise Keller-Gruhne: Beobachtungen zur "Madonna dei Raccomandati" Lippo Memmis im Dom von Orvieto. In: Festschrift Hartmut Biermann, Weinheim 1990, S. 81-108, 327-335
  • Galerie Hant (Hrsg.): Michael Post Wandobjekte. Frankfurt 1991 (Texte: Marie Luise Keller, Hans Zitko)
  • Pade (Hrsg.): Pade Garne. Kataloge 57-68, Neu Isenburg/Zeppelinheim 1999 - 2006 (Texte und Design: Marie Luise Gruhne)
  • Marie Luise Gruhne, 2014 - 2019, Werke und Inszenierungen, Wiesbaden 2019